Natürlich war kein Reservescherstift an Bord, da die Dinger in St. Lucia nicht zu bekommen waren (Zitat der Verkäuferin "We have NO Sheerpins, I asked for them, I BEGGED for them...nothing!") aber mithilfe eines Bolzens und eines Bolzenscheiders war schnell einer geschmiedet.
Mustique selbst erschien mir mit Basils Bar und den vielen kleinen Holzhäusern am Ufer wie aus einem Film in den 50er Jahren vergessen. Es war wirklich wunderschön! Und dazu das Wasser klar und tiefblau, geradezu zum Schnorcheln einladend. In dem kleinen Einkaufsladen versorgte ich mich mit "Beeferoni" (Maccaroni Bolognese) und "Beeferoli" (Ravioli) in Dosen für die nächsten Tage und schlenderte am Getränkeregal vorbei "mal schaun, was trinken wir denn die Tage... Hmmm... auch nix aussergewöhnliches, Wasser, Ginger Ale, Grapefruitsaft, Carib Beer, Becks, Orangensaft... moment! BECKS???" - es ist unglaublich, aber tatsächlich gab es in dem kleinen Laden auf der winzigen Insel Mustique das original importierte Bremer Becks zu kaufen, dass ich später noch auf der ebenfalls kaum besuchten Insel Canouan finden sollte, jedoch für etwa 2,15 Euro die Flasche.
Am nächsten Tag stand Canouan auf dem Reiseplan zu den Tobago Keys. Die Insel scheint nicht wirklich oft besucht zu sein, erwies sich auch nicht als wirklich schön, aber ich ankerte inmitten einer Flotte von "Moorings", einer amerikanischen Firma, die in der Karibik Yachten vermietet, und konnte nach ein paar Worten mit einem jungen Angestellten des Kundenservice sogar deren Duschen benutzen. Zwar teilte mir der junge Mann erst mit, dass es "nicht erlaubt" sei, als Privatmann die Duschen von Moorings zu benutzen, aber als ich ihn dann fragte, ob es gegen Bezahlung möglich sei, änderten sich schlagartig seine Gesichtszüge zu einem freundlichen Lächeln... Schließlich konnte ich gegen umgerechnet 3,33 Euro (in SEINE Tasche) tatsächlich die Moorings-Duschen benutzen. Anschließend fühlte ich mich wie ein neuer Mensch! Abends wurde ich plötzlich an einen alten Film mit Humphrey Bogard erinnert, in dem es ebenfalls um das Thema "Bestechung" ging - in meinem Fall hieße es nach seinem Zitat "Es muss etwas dran sein an der Queen. Er sah sie und öffnete mir die Tür..." - denn auf den EC-Dollar-Scheinen ist die Queen abgebildet!
Am folgenden Tag ging es weiter auf die Tobago Keys, mein Ziel, dass ich schon die ganze Reise über vor Augen hatte. Und ich wurde nicht enttäuscht, die drei Inseln, umgeben von einem Hufeisenförmigen Riff, dem "Horseshoe-Reef", waren wirklich ein Traum! Sowohl über, als auch unter Wasser. Schon als ich den Anker werfen wollte, paddelte mir gerade eine sehr große Schildkröte vor den Bug und ging schnell auf Tauchstation, als sie mich sah. Als ich schließlich nach dem Ankern mit Brille und Schnorchel in die blaue Welt abtauchte um den Halt des Ankers zu prüfen, kam ich mir dort unten in der Stille und den blauen Farben vor wie in einer anderen Welt... Es stimmt wirklich, womit VW wirbt: "Blau macht glücklich!"
Erst als plötzlich auf der anderen Seite der Maverick ein 2 Meter langer Rochen über den Grund schwebte, hatte ich genug vom Tiefwasser und wechselte erstmal an den Strand. Und auch am Strand und beim Schnorcheln auf dem Riff fühlte ich zum ersten Mal wirklich "nun bin ich tatsächlich in der Karibik angekommen. Meine Gedanken während der Abizeit gingen mir durch den Kopf, wie würde es wohl sein, in türkisem Wasser zu ankern und am weißen Sandstrand zu liegen - und nun bin ich hier, habe alleine den Atlantik überquert und ankere in türkisem Wasser. Unglaublich...
Die letzte Nacht war ein wenig kurz für mich, denn gegen Abend begann es plötzlich zu wehen und ich stellte mir den Wecker jede Stunde, weil ich bedenken hatte, dass der auf der Seite liegende Anker dennoch seine volle Haltekraft zeigen konnte. Ausserdem musste ich die ganze Nacht über mit voller Positionsbeleuchtung schlafen, denn der Windgenerator macht nun so viel Strom, dass ich gar nicht weiß wohin damit! Im Prinzip könnte ich nun einen Kühlschrank betreiben, aber da mir die Dinger zu teuer sind, werden bei mir an Bord Cola, Wasser und Bier wohl weiterhin zu den Heissgetränken zählen...
Inzwischen bin ich auf Union Island angekommen, der Ort ist nicht wirklich nett und ich wurde auch schon wieder einige Male angequatscht "Hey guy, come in!" und in irgendwelche Hütten gelockt, daher werde ich morgen wieder gen Norden segeln, zurück nach Bequia. Bis Montag habe ich hier noch eine Aufenthaltsgenehmigung und werde daher erst am Montag wieder zurück nach St. Lucia um dort nochmal die Tanks zu füllen und die Wäsche zu waschen und dann geht es straight nach Norden und in Richtung USA.
Schöne Grüße aus Union Island, euer Johannes