Liebe Leser,
nach knapp 31 Tagen auf See bin ich gestern, am 23. Januar 2006 um 4.00 morgens hier in der Rodney Bay auf St. Lucia angekommen... Hinter mir liegen 31 Tage, die es in sich hatten, die gepaart in einer Mischung von grenzenloser Freiheit und eingesperrtsein auf engstem Raum mir sowohl die Schoenheit dieser Welt vor Augen gefuehrt hat, als auch wie klein doch der Mensch ist und wie weit und gigantisch die Welt... Um von den 31 Tagen zu erzaehlen, wuerde ich hier nun einige Stunden brauchen, denn obwohl ich eigentlich ausser Wasser und 2 Schiffen in den 30 Tagen bis Barbados (dann sah ich Land und auch mehr Schiffe) nicht viel gesehen habe, so waren die Tage auf See doch jeden Tag ein kleines Erlebnis fuer sich, jeder Sonnenuntergang ein wenig anders als der Letzte und jede Nacht brachte ein voellig neues Sternenmeer...
Zu Beginn der Reise wollte mich der Wind nicht von Beginn an unterstuetzen, noch am dritten Tag nach meiner Abfahrt sah ich La Gomera am Horizont stehen, waehrend ich bei 0-1 Windstaerke nach Sueden kreuzte. Am vierten Tag kam endlich Nordwestwind auf, der mich gen Suedwesten brachte. Dort fand ich nach 8 Tagen auf See den Passatwind, der mich zunaechst mit Nordostwinden, spaeter dann mit reinen Ostwinden konstant in Richtung Karibik schob. Der Passat wehte viel staerker als ich erwartet hatte und so hatte ich die ersten 2 Wochen Winde mit 5-7 Windstaerken, spaeter mit 3-5 und ich segelte im Schnitt 110 Meilen am Tag. Kein besonders berauschender Schnitt, aber ich segelte auch eher mit zuwenig Segelflaeche als zuviel, um mit auf der sicheren Seite zu sein, falls der Wind aufdreht. Ausserdem hatte ich von anfang an kein allzugrosses Vertrauen zur Verstagung des Mastes, was sich am vorletzten Tag der Reise auch bestaetigen sollte (ein Bolzen hatte sich herausgearbeitet und der!
Mast hing nur noch an einem Sicherungssplint...). Die Tage auf See verbrachte ich im Groben mit alltaeglichen Dingen, ich habe viel gelesen (mein Favourit der Reise: der Bestseller "Schluss mit Lustig" von Peter Hahne), viel Musik gehoert (soweit es das kleine Solarpanel mit 25 Watt und meine 100 Ah-Batterie zuliess), die Tage in der Sonne an Deck oder im Schatten der Kajuete verbracht. Die schoensten Augenblicke waren jedoch die Naechte auf See in denen ich nur in Shorts im Niedergang stand, mir den naechtlichen, warmen Passatwind um die Ohren wehen liess mit dem Blick auf das vom Mond gespiegelte Kielwasser der Maverick gerichtet und das Leben genoss... DAS ist Leben! :-) Jeden Abend wartete ich auf den Mondaufgang, der immer wieder ein Erlebnis war und die zuvor tiefdunkle Nacht erhellte, sodass ich bei Kurskorrekturen im Cockpit keine Lampe brauchte.
Natuerlich gab es auch immer wieder einige Probleme waehrend der Tage auf See, meist Kleinigkeiten, die zu reparieren waren (die Maverick ist immerhin 36 Jahre alt und man merkt es ihr an, dass sie langsam weich wird... hat sie sich auch langsam verdient!). Die Zahnschmerzen, die durch die Wolfsburger Medien gingen (Mensch, war mir das Peinlich! ;-)) konnte ich nach einem ueblen Abend voller Schmerzmittel und dem waermen der Stellen unter Kontrolle bekommen und fuehrte sie auf die noch nicht ganz verheilten Weisheitszahnwunden zurueck. Gluecklicherweise konnte ich so weiterhin Kurs auf die Karibik nehmen ohne Zwischenstop auf den Kapverden. Weiter machten die Vorsegelrollreffanlage Probleme, in der ich kein Segel mehr hochziehen konnte, nachdem meine grosse Genua gerissen war. Kurzerhand setzte ich eine kleine Fock fliegend, die jedoch beaengstigend am Vorstag riss, sodass ich immer in Angst war, es wuerde irgendwann wegreissen (hab das schonmal erlebt, zum Glueck nicht am eigenen Boot).
Das groesste Problem ergab sich jedoch etwa 1000 Meilen vor der Karibik. Georg berichtete von einem "kleinen Ruderschaden" - so hoffte ich damals! Aber das "klackern" im Ruder! schaft, in dem die Ruderwelle lauft, wurde von Tag zu Tag schlimmer, das Ruder schien extrem viel Spiel zu haben und schlub bei jeder Bewegung von innen gegen den Schaft. Normalerweise haelt es das eine Weile aus, aber ich dachte mit "steter Tropfen hoehlt den Stein" und demontierte ein Luk im Cockpitboden um Kontrolle ueber den Schaft zu haben. Noch Tausend Meilen, das war ein Nervenaufreibendes Spiel mit staendigem "Klick-Klack-Klick-Klack", aber es blieb dicht! Schliesslich kam Barbados in Sicht, ich passierte es bei Nacht (war bis auf eine beaengstigende Naehe auf Kollisionskurs mit einem Grosssegler...) und nahm Kurs auf St.Lucia. Die letzten 100 Meilen, aber die heftigsten von den Wellen her.