Liebe Leser,
seit gestern abend ankern wir nun in Nassau. Nassau ist nicht nur Touristenmetropole, sondern zugleich auch die Hauptstadt der Bahamas und ausserdem Wohnsitz von 2/3 der Bevölkerung der gesamten Insel. Dementsprechend voll ist es hier in der Innenstadt, von allen Seiten tönt Lärm von Presslufthammern und Polizeisirenen an unseren Ankerplatz und ich sehne mich ein wenig zurück auf die einsamen Bahamasinseln, die wir letzte Woche noch für uns alleine hatten...
Sicher werden Sie sich fragen, was wir in der letzten Woche so alles gemacht haben:
Kurz nach dem letzten Bericht, von Staniels Cay aus, erwischte uns ein dickes Tiefdruckgebiet, das von Norden kommend eine ganze Menge Wind mit sich brachte. In der Nähe von Florida und am Golfstrom wurde Wind mit Tornadostärke gemessen und auch wir bekamen etwa 150 Meilen entfernt noch mehr als genug davon ab. Leider konnten wir nicht rechtzeitig eine "Hurrikane Hole", einen sicheren und geschützten Ankerplatz, finden, und mussten 2 weitere Tage in einer zum Wind hin offenen Bucht vor zwei Ankern das Schlechtwetter abwarten. Nach der ersten Nacht (in der ich mich alle 15 min wecken ließ, um den Halt des Ankers zu kontrollieren...) hielten wir es nicht mehr länger an Bord der wie ein Rodeopferd über die Wellen hüpfenden Maverick aus und verbrachten einen ganzen Tag mit je einem Buch am Strand und ließen uns dort vom dem aufgewehten Sand einmal durchschmirgeln, bevor es gegen Abend zurück an Bord ging. Nach einer weiteren Nacht vor Anker in den hohen Wellen wurde das Wetter schließlich besser und wir konnten unsere Fahrt nach Norden fortsetzten.
Vorher jedoch tauchten wir noch einmal in die berühmte "Thunderbolt"-Grotte, die aus dem gleichnamigen Film mit James Bond bekannt ist. Obwohl unser Hafenführer ausdrücklich empfohl, die Grotte nur bei Flachwasser zu betauchen, versuchten Georg und ich unser Glück bei auflaufendem Wasser und wurden bei hohem Seegang kaum abgetaucht geradezu in die Grotte hineingesaugt, mussten uns mit aller Kraft von den messerscharfen Korallen fernhalten, bevor wir im inneren an die Oberfläche tauchen und wieder Luft schnappen konnten. Das Ganze entwickelte sich plötzlich tatsächlich zum reinsten Abenteuer ala James Bond, denn gegen den starken Strom durch den kleinen Schacht konnten wir nun unmöglich wieder hinausschwimmen. Nach ein paar Tauchgängen fanden wir schließlich einen weiteren Ausgang, ein kleines Loch in der Felswand, das wir nach etwa 10 Metern unter Wasser erreichen und schließlich hinaus ins Freie tauchen konnten, wo das Dinghy bereits auf den Wellen hüpfend auf uns wartete. Was für ein Abenteuer! :-) Mulmig wurde mir nur, als ich später beim Wasserbunkern in der Marina vom Stag aus 7 Haie ausmachte - nur eine halbe Meile von unserem Tauchort entfernt.
Das nächste Abenteuer ließ ebenfalls nicht allzulange auf sich warten, denn südlich der U-förmigen Insel Normans Cay fanden wir ein abgestürztes und versunkenes Flugzeug, das einer alten DC-3 sehr ähnelte. Nach einigen Tauchgängen zu dem Wrack (wobei Irene unter dem Rumpf einen 2 Meter langen Hai lauern sah...) kamen wir jedoch zu dem Schluss, dass das Flugzeug schon etwa 20 - 30 Jahre dort liegen muss und offenbar doch keine DC-3, sondern ein sehr ähnliches Flugzeug ist. Eigenartig natürlich, wie die Maschine auf den Meeresgrund kommt... In unserem Inselführer fanden wir die Erklärung dazu:
Die Insel gehörte in den 70er Jahren dem Drogenbaron Carlos Lehder, der dort nicht nur einen 3300 Fuß langen Airstrip (Landebahn) bauen ließ, sondern auch unzählige Clubs, Bars, Unterkünfte und andere Gebäude für seine Kunden, die heute alle halb zusammengefallen und verkommen zwischen dichten Bäumen schwer zu finden sind. Einen ganzen Nachmittag durchkämmten Georg und ich die alten Gebäude, kletterten durch die Hütten und erforschten die Geschichte der Insel. Ständig fanden wir neue Gebäude zwischen Bäumen und hinter zusammengebrochenen Hütten, durchsuchten alte Lagerhallen und fanden sogar auf einem alten Müllberg eine einmotorige Propellermaschine, die offensichtlich einmal dort abgestürzt ist - oder aber verschwinden musste... Normans Cay ist wirklich eine unheimlich geheimnisvolle Insel, dazu kaum bewohnt und wenn ich irgendwann einmal die Gelegenheit haben werde, möchte ich gern einmal etwas länger dort bleiben und der Geschichte etwas genauer nachgehen.
Nach einem kurzen Abstecher nach Allens Cay zum Iguana-Füttern ging es für uns schließlich weiter nach Nassau, das wir vorgestern gegen Abend erreichten.