Liebe Leser,
wieder melde ich mich gut 200 Meilen nördlicher und bin seit heute in Savannah, also im Bundesstaat Georgia.
Der Sturm "Alberto", von dem ich vor gut einer Woche erzählt hatte, ist sehr viel weiter nördlich durchgezogen, als die Wetterkarten es andeuteten - umso besser also, dass ich doch nicht die Flucht nach Norden angetreten, sondern noch vier weitere Tage in St. Augustine verbracht habe. Überall hingen in diesen Tagen Warnmeldungen aus, auf denen die Zugrichtung des Sturmes eingezeichnet und die nötigen Vorkehrungen genannt wurden, damit "Alberto" niemanden vollkommen unvorbereitet treffen konnte. Auch bei uns im Hafen tat sich einiges - der Hafenmeister ging von Boot zu Boot, kontrollierte Leinen, gab mir den Tipp, meinen Windgenerator zu stoppen und mich auf über 40 Knoten Wind gefasst zu machen. Nachdem ich die Windfahne der Selbststeueranlage ammontiert, das Schlauchboot verzurrt und das Vorsegel geborgen hatte, bekamen wir jedoch nur kurzzeitig etwas mehr Wind, dafür aber eine Menge Regen ab...
Die Tage in St. Augustine nutzte ich ausserdem für ein paar Erkundungstouren durch die alte Stadt, die offenbar die älteste Stadt Floridas ist und daher einiges an Sehenswürdigkeiten bietet. Ich beschränkte mich nur auf ein altes, spanisches Fort, das sogar noch im 2. Weltkrieg als Festung genutzt wurde, sah mir aber umso mehr von der Stadt auf Nebenstraßen an, auf denen ich wunderschöne alte Holzhäuser und sogar einen alten Friedhof aus Indianerzeiten entdeckte. Schließlich fand ich sogar eine Hot-Dog-Bar, in der ich eine halbe Halbzeit des Spiels USA-CZE sehen konnte - zusammen mit 2 Tschechen... Das Ergebnis dürfte bekannt sein. Das war also die WM für mich...
Nach einem weiteren "Sturm-abflau-Tag", dem Mittwoch, machte ich mich am Donnerstag erneut auf den Weg nach Norden. Mein nächster geplanter Wegpunkt wird nun Hilton Head in South Carolina sein, den ich morgen gegen Nachmittag erreichen werde. Dort werde ich ein paar Tage liegen bleiben um eine Freundin zu treffen, die für ein Jahr als Au-Pair in den USA war, bevor es dann für mich auf einen weiteren 100 Meilen Trip geht. Den letzten dieser Reise. :-(
Ich habe mich nun vor 2 Tagen entschieden, wo genau der Endpunkt meiner Reise sein wird. Und es wird Charleston in South Carolina sein. Ich fand, dieser berühmte Hafen würde ein würdiges Ende sein für mein großes Abenteuer und ebenso ein würdiger neuer Heimathafen für die Maverick - gleich neben berühmten Schiffen wie dem Flugzeugträger USS Yorktown, der dort als Museumsschiff liegen soll.
Der Entschluss für diesen letzten Hafen und damit das Ende der Reise ist mir alles andere als leicht gefallen... Es fällt mir wirklich schwer, mich nach all den tausenden Meilen mit der Maverick nun von ihr zu trennen, aber ich werde sie hier zurücklassen müssen. In 2 Monaten beginnt mein Studium in Deutschland, ich habe mich bei 2 Schulen für ein Schiffbaustudium beworben, bisher jedoch noch keine Zusage bekommen, wo genau ich landen werde. Daher nähere ich mich nun Tag um Tag dem Ende dieser Reise und dem Beginn eines ganz neuen Abschnitt meines Lebens. Auf irgendeine Art ist auch dies ein neues Abenteuer für mich. Vor allem, weil ich bei meiner Rückkehr wirklich bei Null anfange. Alles, was ich hatte, habe ich in diese Reise gesteckt, alles zu Geld gemacht um möglichst weit zu kommen. Aber schon sehr schnell waren meine Ersparnisse am Ende... Unvorhergesehene Reparaturen, vor allem in der Karibik, haben meine Kasse schnell geleert und daher bin ich meinen Eltern und meiner Familie sehr dankbar, dass sie mich seitdem so selbstlos unterstützen - ich werde das alles irgendwann wieder gut machen!
Ursprünglich hatte ich mir als Ziel der Reise New York ausgewählt. Damals war das eher ein spontanes Ziel, aber ehrlich gesagt zieht es mich dort nun überhaupt nicht mehr hin. Zurück in die Zivilisation? Das war mir schon in Miami zu viel nach über 6 Monaten in der Karibik und auf den Bahamas. Hier, in den Südstaaten der USA ist es gerade richtig. Die Tuckerei auf dem Intracoastal ist wirklich ein Erlebnis, auch wenn es ganz schöne Knochenarbeit ist, weil ich täglich von 9 Uhr morgens bis 19 Uhr abends nonstop auf den Beinen hinter dem Lenkrad stehen muss und das Fahren in dem engen Fahrwasser mit dem vielen Verkehr und der kaum 5 Sekunden alleine geradeauslaufenden Maverick fast schon Autofahren gleicht. Aber dafür ist diese Etappe nun ein beeindruckender Kontrast zu den letzten Monaten. Einen kleinen Eindruck, warum, werde ich Ihnen gleich nach den Fotos aus St. Augustine geben...