Liebe Leser,
nach der verspäteten Abfahrt von St. Maarten bin ich schließlich doch noch am Montag just in time zur Öffnung der Klappbrücke, die den Kanal zur Lagune überspannt, zurück in den Atlantik gekommen und konnte meinen Augen nicht glauben, als ich ein grosses, graues Schiff in der Groot Bay an der Südküste der Insel ankern sah. Ich hatte zwar bereits an Land an vielen Restaurants und Bars den Gruß "Coconut Joe's Bar begrüßt die Crew der USS George Washington" gelesen, aber zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass es sich damit nicht nur um ein x-beliebiges Kriegsschiff handelt, sondern um einen 332,8 m langen Atomgetriebenen Flugzeugträger der Nimitz-Klasse!
Wahnsinn! Wann sieht man so etwas schonmal in echt?
(Für weitere Infos zum Flugzeugträger, hier draufklicken!)
Kaum waren sie Segel oben, nahm ich Kurs auf den Träger und war von der Größe erstmal überwältigt. Natürlich blieb ich auf einem gewissen Sicherheitsabstand, damit mich die Jungs nicht für einen potentiellen Attentäter hielten, der möglicherweise mit einem Sprengsatz an Bord eine Gefahr darstellt, so wie es vor einigen Jahren im IRAK mal geschehen ist, aber einige Fotos aus der Entfernung wollte ich schon machen. An Deck standen zudem gerade eine menge Flugzeuge herum, ich konnte einige Grumman E-2 Luftraumüberwachungsflugzeuge mittschiffs und auf dem Vorschiff einige F-18 Hornet erkennen, wie auf dem Foto zu erkennen. Nach etwa 20 - 30 Fotos machte ich schließlich eine Wende und ging auf Kurs West, hinüber auf die Virgin Islands.
Der Wind war zunächst noch ganz brauchbar und wir kamen zumindest mit etwa 2,5 bis 3,5 Knoten noch halbwegs voran. Immer wieder mal gab es eine kleine Schwachwindzeit mit unter 2 Knoten Fahrt, aber langsam um sicher kam St. Maarten ausser Sicht und die Nacht breitete ihr schwarzes Kleid über die Maverick und mich, bis um halb 12 endlich der Mond aufging. Im 20-Minuten-Takt verschwand ich in die Koje.
Am nächsten Morgen war der Wind komplett eingeschlafen und auch die Wellen beruhigten sich immer weiter, bis der Atlantik platt wie ein gigantischer Spiegel vor uns lag. Also musste der Diesel wieder herhalten, was bisher nur sehr selten der Fall war. Vor ein paar Wochen hatte ich gerade auf St. Lucia etwa 40 Liter nachgetankt, sodass der 30 Liter-Tank und die 30 Liter in Kanistern wieder vollständig waren. Beim Tanken überlegte ich, wann ich das letzte Mal eigentlich Diesel gebunkert hatte. Es war auf Gran Canaria Anfang Dezember. Kein schlechter Schnitt.
Das steuern von Hand wurde mir nach etwa einer Stunde in der prallen Sonne einfach zu lästig und unter der Vorschiffskoje fand ich einen Pinnenpiloten, den ich seit Wolfsburg an Bord habe (und damals "für alle Fälle" von unserem kleinen Waarship 570 abgezweigt hatte), den ich jedoch wegen fehlender Beschläge bisher noch nicht montiert hatte. Aber die Hitze macht erfinderisch und provisorien halten bekanntlich am Längsten. Also war innerhalb einer Viertelstunde der neue Autopilot montiert und das Ding ist einfach Gold wert! Seitdem kann er in der Hitze schwitzen, während ich mir ein Sonnensegel über dem Cockpit montierte und mich darunter im Schatten mit einem Buch verkroch, alle 15 Minuten nach dem Rechten schauend.
Gegen Abend näherten wir uns Virgin Gorda, einer britischen Insel der Gruppe, und motorten an deren Küste entlang Richtung St. Thomas. Obwohl die anderen Insel wesentlich schöne und idyllischer sein sollen als St. Thomas, ist dessen Hauptstadt "Charlotte Amalie" seit Jahren ein Ziel meiner Reisepläne gewesen und ein wichtiger Port of Call meiner Route, aus einem ganz bestimmten Grund:
Schon vor vielen Jahren habe ich zum ersten Mal das Buch "Dove" des Amerikaners Robin Lee Graham gelesen. Robin ist mit 16 Jahren losgesegelt, um ganz alleine die Welt zu umsegeln und kreuzte tatsächlich 5 Jahre später 1970 seinen Ausgangskurs und hatte den Globus umrundet. Seine Reise war geprägt von wirklich beeindruckenden Erlebnissen, großer Einsamkeit und dann auf halben Wege einer Lovestory, wie man sie eigentlich nur aus Hollywood erwarten könnte. Robin lernte unterwegs Patty kennen, die beiden verliebten sich und wollten die Reise gemeinsam fortsetzen oder aber abbrechen. Aber da er einen Vertrag mit dem National Geographic hatte, musste er die Reise alleine fortsetzen und setzte erneut Segel.