Liebe Leser,
gestern morgen um Punkt 7 Uhr in der früh bin ich nach zwei Tagen und drei Nächten mit der Maverick auf Antigua angekommen und in English Harbour Anker geworfen. Knapp 200 Seemeilen liegen seit St. Lucia hinter uns, die zeitweise traumhaft schön, aber manchmal auch nur mit sehr viel Geduld und guten Nerven zu bewältigen waren.
Am Dienstagabend habe ich St. Lucia endlich mit einer für 200 EC$ (etwa 70 Euro) komplett überholten Genua verlassen und gegen 17 Uhr nach verlassen der Lagune und dem Setzen der Segel zunächst Kurs Nord auf Martinique gesetzt. Bis in die Rodney Bay hinaus wurde ich noch von meinen Freunden Klaus und Martha im Schlauchboot begleitet, die mich schließlich in der Mitte der Bucht verließen und mir noch lange nachblickten, während ich langsam in die untergehende Sonne hineinsegelte... Beinahe hätte ich es Lucky Luke gleichgetan und angefangen "I'm a poor lonesome cowboy..." zu singen, denn auch ich segele nun wieder alleine - es geht weiter nach Amerika!
Die Nacht hindurch segelte ich nach Martinique wobei ich durch seitliche Winde und der Strömung im Nacken Traumgeschwindigkeiten von 7 Knoten über Grund zurücklegte bis ich schließlich im Windschatten von Martinique in eine Flaute kam und mich im Morgengrauen 2 Stunden lang mit 15-minütigem Weckerklingel zur Rundumschau, ob ein Schiff kommt, aufs Ohr hauen konnte. Auch zuvor hatte ich im 5-Minuten-Takt geschlafen, aber sie können sich gar nicht vorstellen, was für ein wunderbares Gefühl es ist, den Takt von 5 auf 15 oder sogar 20 Minuten ausweiten zu können, weil kein Schiff am Horizont ist. Wenn der Wecker klingelt heisst es jedoch raus auf der Koje und mit zusammengekniffenen Augen den Horizont absuchen - denn ein Radar habe ich nicht - bevor es dann wieder in die nächste Traumetappe geht, bis der Wecker wieder rappelt... Erstaunlicherweise habe ich es wirklich einige Male geschafft, an Träume anzuknüpfen!
Als es schließlich wieder hell war, warf ich den Diesel an, der mich hinaus aus der Flaute hinein in den Weltuntergang kutterte - kaum war ich in der Passage zwischen Martinique und Dominica, drehte der Wind auf, so dass ich gerade noch das 3. Reff ins Großsegel binden und die Genua auf Topflappengröße wegrollen konnte, bevor es rundging - zum ersten Mal seit meiner Ankunft musste ich wieder in mein geniales Marinepool-Ölzeug schlüpfen (DANKE nochmal! :-)), da einige Wellen von der Seite ins Cockpit einstiegen, zum Glück nur kleine. Mit dem Windmesser konnte ich knapp über 30 Knoten messen, was in etwa 7 Windstärken sind - für die Maverick ganz schön viel! Wie zum Hohn überholte mich in der Zeit ein Katamaran ohne Reff im Groß und ich möchte wetten, dass die an Bord noch Bierdeckelhäuschen hätten bauen können, während ich mir an dem ganzen Tag sogar ernsthaft Probleme hatte, mir auf der Maverick eine Instantkaffee zu brühen um die Augen nach der Nacht wenigstens auf 1/4 offen zu bekommen. Schließlich verschüttete ich das Kaffeepulver das in Verbindung mit Seewasser eine kleisterförmige Masse auf der Treppenstufe bildete - und trat natürlich barfuss (ich hatte seit den Kanaren keine richtigen Schuhe an) rein...
Im Windschatten von Dominica war der Wind wieder weg, eine erbärmliche Flaute liess mich wieder ein paar Stunden dieseln, während dem ich mangels eines elektrischen Autopiloten (der Radpilot ist kaputt) immer selbst am Rad stehen muss. Als ich an Dominica vorbeifuhr, rief mich meine Mutter auf dem Handy an und erzählte mir, sie verfolge zuhause meine Reise in dem Buch "Karibik auf der Luft" (Delius-Klasing-Verlag) und Dominica soll wunderschön sein - ich konnte davon leider nichts sehen, dafür wolkenverhangen und regnerisch...
Schließlich ging es in die dritte Nacht und hinein in die 35 Meilen lange Passage nach Antigua. Zu meinem Erstaunen war der Wind sehr schwach und ich konnte unter Vollzeug in die Nacht hinein segeln, die Windsteueranlage hielt die Maverick perfekt auf Kurs und so konnte ich im Cockpit unter den Sternen liegen und ein wenig träumerisch in den Gedanken an Zuhause versinken...
Gerade heute wurde ich wieder sehr an die Zeit vor der Reise zurück erinnert, als ich eine Internetseite fand, auf der ich mich kurz nach dem Abi eingetragen hatte, um mit meinen Schulfreunden in Kontakt zu bleiben. Als ich das alte Foto aus unserem Abibuch mit einem Aktuellen verglich, war ich doch sehr überrascht, wie sehr mich diese Reise bereits verändert hat. Aber sehen sie selbst :-)